Heute morgen war meine Timeline gefühlt voll mit einer Nachricht, dass eine Künstlerin von einer «Fridays for future»-Veranstaltung, wo sie aufgetreten wäre, ausgeladen worden war, mit der Begründung, einer «Weissen mit Dreadlocks» keine Bühne geben zu wollen, da damit ein «rassistisches und kolonialistisches» Narrativ gesetzt werden würde. Falls sie sich «bis Freitag entscheiden würde, ihre Dreadlocks zu schneiden», dürfe sie auch auftreten. So weit, so populistisch; für einen Teil der Aussagen hat sich die Organisation mittlerweile entschuldigt.
Vielleicht fragst du dich gerade: «Warum sollte es denn überhaupt ein Problem sein, wenn eine weisse Person Dreadlocks trägt?». Nun, das hat mit der sogenannten cultural appropriation zu tun, der «Kulturellen Aneignung» eines Merkmals einer anderen Kultur, ohne etwas damit zu tun zu haben. Problematisch wird es, wenn es sich bei der Kultur um eine marginalisierte handelt, das heisst Menschen nicht-weisser Hautfarbe werden oder wurden genau wegen dieser Merkmale unterdrückt. Das muss nicht einmal böse gemeint sein, um böse zu sein. Noch problematischer wird es, wenn dabei die Kultur ins Lächerliche gezogen wird oder Profit daraus gemacht wird.
Darf ich nun als «Whitie» Dreadlocks tragen? Also jetzt nicht so im Sinne von «Kelten-Azteken-Saddhus-Tataren-Perser hatten auch»-Dreadlocks, sondern als Referenz an eine afrikanische Kultur? Das kann und will ich als weisser Mensch nicht einfach so beantworten. Ich kann auch nicht sagen, ob eine weisse Person eine Yoga-Schule eröffnen, Capoeira tanzen, das Football-Team «Indians» nennen und sich Braids flechten lassen darf, oder ob eine Modelabel traditionelle Muster der indigenen Bevölkerung als Design verwenden sollte. Oder ob ein Schweizer Sänger oder DJ in jamaikanischem Patois singen und hosten darf. Aus dem simplen Grund, da ich aufgrund meiner Hautfarbe keinerlei persönlichen Erfahrungen mit systematischem Rassismus habe. Und das ist selbstredend auch der Grund, weshalb diese «Kulturelle Aneignung» umgekehrt nicht funktioniert bzw. nicht das Gleiche ist!
Persönlich denke ich, dass wir verschiedene Kulturen als dynamisch, ineinanderfliessend und sich gegenseitig bereichernd erleben sollten. Dass bedingt aber, das wir uns chancengleich und auf Augenhöhe begegnen können. Und da sind wir noch weit entfernt davon. Übrigens: Der Gedanke, dass Kulturen zwar ko-existieren, sich aber nicht durchmischen dürfen, weckt sowieso nur ungute Erinnerungen.
Das diese eingangs erwähnten Forderungen von «Fridays for future» kommen, soll die ansonsten teilweise guten und wichtigen Ansätze der Bewegung – welche sich by the way zum grössten Teil aus Kids einer weissen, akademischen Mittelschicht speist – nicht schlecht machen. Doch ich finde, dass eine reine Empörungsdiktatur auf Widerstand stossen muss.
Abschliessend möchte ich noch sagen, dass keine:r von uns die Endweisheit besitzt, und wir alle noch viel lernen müssen bei diesen und anderen Themen. Packen wir es an.
Das war jetzt eine Menge Text. Dafür gibt es als Belohnung ein Sketch des Komiker-Duos Key & Peele, mehr oder weniger passend zum Thema.
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